Sie behaupten, sie hätten "7 starke Argumente" gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung. Schaut man sich diese genauer an, bleibt fast nichts, was wirklich dagegen spricht.


Welche Argumente haben die selbsternannten Retter nun? Es findest sich dazu eigens eine Seite auf der Webpräsenz, welche überschrieben ist mit "7 starke Argumente gegen Europas wohl riskantestes Bauprojekt" (Quelle).

Eines vorweg: Wenn ich mir diese angeblich so "starken Argumente" anschaue, finde ich kein Argument, welches mich dazu bringen würde, mir ein blaues Kreuz in den Vorgarten zu stellen. Ganz im Gegenteil, hätte ich eines, würde ich es wohl wieder ganz schnell abbauen! Ich habe mir im Folgenden erlaubt die einzelnen "Argumente" (Stand 20.07.2016) einmal zu kommentieren. Und ich habe mich bemüht - auch wenn es mir teilweise wirklich nicht ganz leicht gefallen ist - dies möglichst sachlich zu tun:

cross smallDer Fehmarnbelt-Tunnel wäre die größte Baustelle und wohl auch Umweltsünde Nord-Europas. Die dänischen Planer lassen weiter elementare Fragen unbeantwortet. Das Projekt ist voller Unwägbarkeiten und daher das riskanteste Bauvorhaben Europas.

Das ist belegt durch was? Risiken birgt jedes Bauvorhaben, die Frage ist doch vielmehr, ob diese beherrschbar sind. Und der pauschale Begriff "Umweltsünde", einfach mal so unbelegt eingestreut, macht sich ja bekanntlich immer gut. Nur zeichnen sich Argumente ja dadurch aus, dass sie belegbar sind. Und wenn es unbeantwortete Fragen gibt, warum bringt man sich hier nicht ein, um zufriedenstellende Antworten zu bekommen? Ganz schlimm wird es aber, wenn die selbsternannten Retter dann wildeste Horroszenarien kreieren. Zitat:

cross small

"...Horrorszenario: Ein Terroranschlag im 18 Kilometer langen Tunnel
Der wohl schlimmste anzunehmende Fall wäre ein Terroranschlag in der Mitte des Tunnels. Würde dort ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug zur Explosion gebracht, könnte dies den Tunnel sogar zum Einsturz bringen und zur Flutung führen. Ob er unter Wasser je wieder repariert werden könnte, ist mehr als zweifelhaft..."(Quelle)

Das kann man nur als das bezeichnen, was es ist: Tumbe Panikmache! Bei den selbsternannten Rettern wird der Abschnitt dann gleich noch mit einem "schönen" Bild eines schweren Unfalls in einem Tunnel garniert (pdf stelle ich gerne per Mail zur Verfügung). Hier wird auf ganz üble Art und Weise mit den Ängsten der Menschen gespielt und das nur, um die eigene Verweigerungshaltung zu rechtfertigen. Das sagt in meinen Augen eine ganze Menge über die handelnden Personen aus.

cross smallRechnen wird sich der Tunnel nach Meinung von Gutachtern nie. Das gigantische Projekt und die in Deutschland erforderlichen Bauten (Güterbahntrasse, Autobahn, neue Brücken) würden deutsche und dänische Steuerzahler dann insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro kosten.

Naja, glaube keinem Gutachten, welches Du nicht selber frisiert hast. Andere Gutachten behaupten das Gegenteil. Letztendlich ist es eine Investition in die Zukunft einer ganzen Region, in die Zukunft unserer Kinder, in deren berufliche Perspektive, in deren Lebensqualität. Sonst fordert man ja auch jeden Euro für die eigene Region ein, wird nun investiert, soll es auf einmal auch nicht richtig sein. Und derartige Projekte haben es nun einmal so an sich, dass man den Nutzen nicht immer rein monetär gegenrechnen kann. In meinen Augen sehr, sehr fadenscheinig!

cross smallIm Durchschnitt queren heute auf den Fähren täglich nur 5.500 Fahrzeuge den Fehmarnbelt. Zum Vergleich: Durch den Hamburger Elbtunnel fahren jeden Tag bis zu 145.000 Fahrzeuge. Die Fähren sind außerdem über das Jahr nur zu 40 Prozent ausgelastet. Der gigantische Tunnel ist vollkommen überflüssig.

Was hat die feste Beltquerung in der ostholsteinischen Provinz mit dem Tunnel unter einem Fluss in der zweitgrößten Stadt Deutschlands zu tun? Welche Aussagekraft hat die Anzahl der Fahrzeuge, die heute das "leicht" antiquierte Verkehrsmittel Fähre nutzen? Nichts & keine! Hier wird auf Basis von Zahlen, welche keinerlei Aussagekraft haben, die feste Beltquerung einfach mal für "überflüssig" erklärt. Ich nenne das hochgradig unseriös!

Der Eine oder Andere wird sich noch an die Zeit vor Eröffnung der Storebæltbrücke im Jahr 1998 erinnern. Da gab es durchaus - zumindest für damalige Verhältnisse - noch mehr Verkehr auf der Vogelfluglinie. Seit dem verläuft dieser Verkehr hauptsächlich über die A7 in Richtung Skandinavien (man kann sich die LKW-Kolonnen dort ja mal anschauen). Und nicht zuletzt deswegen kommen ja auch die o.g. Zahlen im Elbtunnel zustande.

Wenn man nun bedenkt, dass die Strecke über den Storebælt von Hamburg nach Kopenhagen hin- und zurück ca. 270 km länger ist und heute täglich ca. 30.000 Fahrzeuge den Storebælt überqueren und man weiterhin annimmt, dass es sich nur bei der Hälfte der 30.000 Fahrzeuge (die Zahl wird wahrscheinlich deutlich höher sein) nicht um regionalen Verkehr handelt, dann wird man feststellen, dass das Potential der festen Fehmarnbelt-Querung weit über den heute die Fähre nutzenden 5.500 Fahrzeugen liegt. Es werden wohl viele gerne die deutlich kürzere Strecke nutzen.

Mann kann das gar ökologisch betrachten: Wenn nun nur 6.000 Fahrzeuge zukünftig nicht mehr den Storebælt, sondern die feste Fehmarnbelt-Querung nutzen und man jetzt einfach mal den Anteil PKW und LKW gleichverteilt annimmt, Verbrauchswerte mal sehr konservativ ansetzt (PKW 6 Liter/100km, LKW 30 Liter/100km), dann ergeben die 6.000 Fahrzeuge mit 135 km kürzere Wegstrecke pro Tag eine Ersparnis von ca. 764 Tonnen CO2. Das ist 278.857 Tonnen CO2-Einsparung im Jahr, immerhin 0,6% der vom BUND bis 2020 geforderten jährlichen Reduktion des CO2-Ausstosses um 45 Mio. Tonnen (Quelle).

Und wenn man es jetzt noch politisch hinbekäme, dass gerade der Lastkraftverkehr z.B. bis Kopenhagen nördlich von Hamburg auf die Bahn geladen werden würde, dann hätte man ein tragfähiges, umweltfreundliches und zukunftsfähiges Verkehrskonzept. Und Ostholstein kann von der festen Fehmarnbelt-Querung nicht nur profitieren, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Verbindung der verschiedenen Teile Europas und sogar zum Klimaschutz leisten.

cross smallDie immense Summe sollte lieber in wichtigere Verkehrsprojekte investiert werden und in die Instandhaltung jetzt schon bröckelnder Brücken, Tunnel und Autobahnen.

Noch einmal (s.o.), das ist natürlich sehr löblich, dass man diese finanziellen Mittel anderen Regionen zugesteht. Das kennt man aus der Region ja sonst anders, man schaue sich nur mal die Anzahl der Autobahnabfahrten zwischen Oldenburg und Heiligenhafen an. Daher halte ich dies an dieser Stelle schlichtweg für vorgeschoben.

cross smallDer Ostseeboden würde für den längsten Absenktunnel der Welt auf 18 Kilometern aufgerissen werden, um riesige Betontunnelelemente in den tief ausgebaggerten Graben zu versenken. Große Teile unserer Ostsee könnten so über Jahre zur Brühe werden. Unsere empfindliche Ostsee ist in akuter Gefahr.

Auch das ist meines Wissens durch nichts, aber auch gar nichts belegt. Es ist anzunehmen, dass bei den doch im räumlichen Ausmaß eher begrenzten Baggerarbeiten in entsprechender Tiefe sich die Trübung selbst im Belt in sehr starken Grenzen halten wird. Und wenn überhaupt, wird diese wohl dort nur sehr kurzfristig mal auftreten. Man kann ja mal eine große Schaufel durch einen kleinen Gartenteich ziehen, selbst dort ist die Trübung zeitlich arg begrenzt. Und das nun gleich "große Teile unserer Ostsee" zur "Brühe" (auch die Wortwahl ist hier durchaus interessant) werden sollen und akute Gefahr besteht, ist auch hier wieder als nicht durch Fakten belegte Panikmache zu sehen.

cross smallDer Fehmarnbelt ist eine der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt. Quer fahrende Bauschiffe würden über Jahre das große Risiko von Kollisionen mit sich bringen. Havarien und Ölteppiche wären vorprogrammiert.

Mit dieser Argumentation müsste man ja sofort den bestehenden Fährverkehr einstellen. Immerhin fahren die Fähren ja auch quer zur Fahrrinne. Hier handelt es sich wohl sicher um ein sehr beherrschbares Risiko. Auch dies dient alleine dem Schüren diffuser Ängste.

cross smallNach dem geplanten Bau sollen Güterzüge von fast einem Kilometer Länge in raschem Takt durch die norddeutsche Urlaubsregion rattern – an Hotels, Ferienhäusern und Wohngebäuden entlang. Das bedroht die Zukunft unserer Heimat.

Das ist das einzige Argument, was sicher für die direkten Anwohner der Bahnlinie durchaus schlüssig ist. Und das die Betroffenen hier wenig begeistert sind, ist nur allzu verständlich und für mich gut nachvollziehbar. So unschön es sein mag, aber hier muss m.E. das Interesse Einzelner auch einmal hinter dem Interesse der Allgemeinheit zurückstehen. Und besonders nett finde ich dann, wenn eine Verlegung der Bahnlinie gefordert wird. Frei nach dem Motto: Nur nicht bei mir, bei den Anderen ist es aber in Ordnung. Die "Zukunft unserer Heimat" bedroht der Güterverkehr aber in keiner Weise, die sehe ich einzig und alleine durch die auch durch blaue Kreuze zum Ausdruck gebrachte Verweigerungshaltung bedroht.

Man muss sich dabei eines nochmals vor Augen halten: Wir haben hier in Ostholstein noch nicht mal eine Anbindung an das elektrifizierte Bahnnetz, d.h., wenn jemand morgens mit der Bahn von Oldenburg/Holstein ins Büro nach Hamburg fahren wollte, dann benötigt er mit der "Bimmelbahn" inkl. Umsteigen für eine Strecke von knapp über 100km mindestens zwei Stunden (reine Fahrzeit, weitere Wege nicht einberechnet). Das nenne ich mal wirklich "hinter dem Mond". Und einen Ausbau der Bahnstrecke wird es ohne die feste Fehmarnbelt-Querung nie geben!

Es ist also festzustellen: Hier geht es nicht um durch Fakten unterlegte Argumente, sondern nur darum eine bestehende Verweigerungshaltung zu untermauern und anderen für die eigenen Ziele einzuspannen. Und dabei wird nicht nur mit fadenscheinigen, in keiner Weise belegten Behauptungen gearbeitet, sondern es wird versucht diffuse Ängste zu schüren und man spielt in unverantwortlicher Art und Weise mit den Ängsten einiger Bürger, indem man versucht irgendwelche abstrusen Horrorszenarien "an die Wand zu malen". Und dafür setzt man offensichtlich nicht unerhebliche finanzielle Mittel ein. Das kann man in meinen Augen in dieser Form nur noch als schäbig bezeichnen.

Vielleicht sollte der Eine oder Andere darüber nachdenken, ob er sich mit dem blauen Kreuz im Vorgarten oder am Auto wirklich mit dieser Art der "Meinungsmache" identifizieren möchte. Aber halt, die Bretter nicht wegschmeißen, ich habe da eine Idee...:-)

blumen

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