Sie nennen sich selber "Beltretter", sie wollen aber gar nichts retten, sondern nur die Vergangenheit bewahren, "Vergangenheits-Bewahrer" wäre daher wohl passender.


Das Kreuz

Erst einmal sind die Kreuze das Ergebnis einer gelungenen, offensichtlich mit hohem finanziellen Aufwand betriebenen Marketingaktion, die es den Menschen leicht macht - aus welchen Gründen auch immer - mit einfachen Mitteln ein Zeichen zu setzen. Also eine gute Idee? Naja, sagen wir mal, leidlich gut geklaut. Denn Kreuze in Vorgärten und auf Autos kennt man ja schon viel länger (sie waren halt nur gelb), nämlich aus dem Wendland aus den Hochzeiten der Anti-Atomkraftbewegung. Und spätestens nach Fukushima können die Meisten das wohl nachvollziehen, da hat man für ein wirklich wichtiges Ziel im Sinne der Allgemeinheit gekämpft. Da ist es nur zu verständlich, dass der Eine oder Andere Beteiligte bzw. aktive Unterstützer aus dieser Zeit es als wenig positiv empfindet, dass "sein" (nur schnell umlackiertes) Symbol nun für einen eher fragwürdigen und im Vergleich belanglosen Zweck herhalten muss.

Die Initiatoren

Sie nennen sich "Beltretter", sind also die selbsternannten (!) Retter des Fehmarnbelts. Schon in der Bezeichnung schwingt ja eine Menge Reißerisches mit. Hier muss etwas gerettet werden, das ist natürlich überaus positiv...könnte man denken.

Rein rechtlich ist es ein eingetragener Verein, der offensichtlich über erhebliche finanzielle Mittel verfügt. Anders sind Aktion wie z.B. fahrende "Litfaßsäulen", die man durch Kiel fahren lässt, wohl nicht zu erklären. Wikipedia schreib dazu:

...Lobbygruppen sind der Ansicht, dass durch die Bautätigkeit ökologische Schäden an der Ostsee entstehen würden. Die Gruppen, die ihre Finanzierung nicht offen legen, verwenden in Anlehnung an die Proteste der Anti-Atomkraft-Bewegung im Wendland statt eines gelben Andreaskreuzes ein blaues Kreuz gegen den Belttunnel... (Quelle)

Wenn man sich die aufgelisteten Beteiligten so anschaut, dann sind das neben politischen Kreis- und Ortsverbänden, verschiedenen Bürgerinitiativen (hauptsächlich gegen die Bahn gerichtet), einige touristische Betrieben, natürlich eine Interessenvertretung der Fährlinie, auch einige Gemeinden. Gerade letzteres finde ich schon arg befremdlich, denn gerade von den Bürgern gewählte Gemeindevertreter sollten sich in meinen Augen bei solchen Aktionen - gerade bei der angewandten Rhetorik der selbsternannten Retter und solange auch nur ein Bürger in der Gemeinde für eine feste Beltquerung ist - doch eher zurückhalten.

Eines kann man wohl aber festhalten: Die Beteiligten stellen in keiner Weise die Mehrheit der Bevölkerung in Ostholstein dar, auch wenn sie durch Ihre Wortwahl wie "unsere Ostsee" und "schon sooo viele Menschen haben für die Zukunft und den Erhalt unserer ganzen Urlaubsregion unterschrieben" das zu suggerieren versuchen.

Offensichtlich ist den selbsternannten Rettern wohl jedes Mittel recht, um Ihr Ziel, die Durchsetzung ihrer totalen Verweigerungshaltung, zu erreichen. Man arbeitet mit reihenweise unbelegten Behauptungen ("...eines der größten, wohl riskantesten und höchst wahrscheinlich unsinnigsten Mega-Bauprojekte Europas...", "...Große Teile unserer Ostsee könnten so über Jahre zur Brühe werden. Unsere empfindliche Ostsee ist in akuter Gefahr..."), man versucht die Ängste der Menschen auf übelste Art und Weise zu schüren (..."Horrorszenario: Ein Terroranschlag im 18 Kilometer langen Tunnel"...) und hat nur ein Ziel: Verzögern, verteuern, Zukunftschancen für unsere Kinder zu zerstören ("...Er kann verhindert werden. Es wird gehen. Durch Klagen...").

Und nun will man die "Menschen an die Hand" nehmen, "damit möglichst viele Einwendungen erstellt werden". D.h. man will unbedarfte Menschen für seine eigenen Ziele instrumentalisieren. Ich sehe die selbsternannten Retter schon mit Ihrem "Beltretter-Mobil" vor Seniorenunterkünften halten, um den Senioren zu erzählen, was gut für sie ist. Was ich nicht so recht verstehe, ist, dass die lokale Presse die teils bedenklichen Aussagen bereitwillig ohne kritische Kommentierung (oder gar dem Gegenteil: „…legale Guerilla-Taktik…“) abdruckt und - in anderen Fällen ja eher unüblich - in voller Länge im Internet veröffentlicht. Ist das ein Zufall?

Und wenn dann sogar noch von Amts wegen die bloße Verweigerungshaltung unterstützt wird (zuletzt "baten" einige Bürgermeister gar um Einwendungen), dann wurden hier wirklich alle Register gezogen:

Jürgen Zuch, FFBQ-Experte vom Amt Oldenburg-Land, erklärt: „Wir machen es den Menschen so leicht wie möglich, ihre Bedenken zu äußern. Niemand muss die 26 Ordner beackern." (Quelle)

Man macht es von "staatlicher Stelle" aus den Menschen also möglichst leicht sich mit der Thematik nicht tiefergehend beschäftigen zu müssen, aber trotzdem dagegen zu sein und das Projekt zu behindern, zu verzögern und zu verteuern. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen...

Hier wird schlichtweg versucht eine Minderheitsmeinung durch den Einsatz einer riesigen Marketing-Maschinerie und großer finanzieller Mittel der Mehrheit aufzuoktroyieren!

Und noch eine Bemerkung am Rande, da ja auch eine Reihe von Kreis- und Ortsverbänden der Grünen sich diesem bedenklichen "Aktionsbündnis" angeschlossen haben oder es mit initiiert haben (und ich sympathisiere durchaus mit einigen politischen Zielen der Grünen): Es stellt sich natürlich wieder einmal die Frage (wie auch schon in anderen Regionen z.B. beim Thema Hochspannungsleitungen) wie sich die hier gezeigte Verweigerungshaltung gerade gegen den dringend erforderlichen und schon lange überfälligen Ausbau der Bahnstrecke mit den Zielen der Partei verträgt. Denn gerade die Grünen sehen die Bahn ja als das Verkehrsmittel der Zukunft. Die Bundestagsfraktion der Grünen schreibt hierzu:

"...Wir wollen die Weichen stellen für mehr Verkehr auf der Schiene. Die Bahn ist das Verkehrsmittel der Zukunft, nicht der Vergangenheit..." (Quelle)

Und das Ganze wird dann auch noch öffentlich von Herrn Dr. von Notz (MdB in der Bundestagsfraktion der Grünen) unterstützt. Hier kann man dann leider nur eine gewisse Form der Schizophrenie attestieren.

bahn

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